Atemübungen in der chinesischen Medizin

charming woman doing lotus pose in nature
Photo by Monstera on Pexels.com

Ich atme ein, ich atme aus… In den Medien lesen wir häufig von Atemübungen, die uns helfen sollen ruhiger und gelassener zu werden – vom achtsamen Umgang mit dem Atem also. Was sagt die chinesische Medizin dazu?

Wenn wir auf unseren Atem achten, können wir das Qi in den Bereich der fünf inneren Organe (Zang) und des San Jiao führen. Die Zang Organe sind die Speicherorgane, also: Herz, Leber, Milz, Lunge und Niere. Das bedeutet, mit der Atmung können wir diese Organe stärken, beruhigen aber auch schwächen.

Atmung und Stimme

Der Atem ist das Qi der Lunge, durch ihn bilden wir Laute, die Stimme.  Auch das Singen ist an den Atem geknüpft und verhilft uns zu einem guten Gefühl, guter Laune oder zu Entspannung. Der Lautausdruck der Atmung ist unsere Stimme, durch den wir Auskunft über unsere Stimmung und unser Befinden geben… Jeder von uns kennt die Situation, mit einem alten Freund zu telefonieren und bereits an der Stimme zu hören, dass etwas nicht in Ordnung – oder in aller bester Ordnung ist.

Eine feste kräftige Stimme zeugt eher von Kraft und Vitalität, eine leise und gebrochene Stimme von Trauer, Krankheit oder Depression. Qi, Atmung und Rhythmus sind die Domäne der Lunge. Die unbrauchbare, verbrauchte Luft wird ausgeatmet und frische Luft eingeatmet. Die meisten unserer Atemzüge bemerken wir nicht, und dennoch könnten wir ohne sie nicht existieren.

In der chinesischen Medizin etwa gibt es eine Laute-Übung, bei der unterschiedliche Laute den Körper heilen und stärken sollen. Die Laute erzeugen Schwingungen im Körper und veranlassen den Körper kranke Zellen, die die Schwingungen nicht aufnehmen können auszuschleusen. Historisch gesehen wurde die Übung der sechs Laute zum Ableiten von Fülle-Zuständen eingesetzt. Durch das Bewegen des Qi kann die Fülle im Körper ausgeleitet werden.

In der westlichen Medizin ist das achtsame Atmen in aller Munde: Tiefes Aus- und Einatmen ist wichtig, um gesund und fit zu bleiben. Die lebenswichtigen Funktionen wie Herzschlag, Atmung, Verdauung und Stoffwechsel werden vom vegetativen Nervensystem gesteuert. Sind wir angespannt und gestresst, reagiert unser System noch genau so wie vor Tausenden von Jahren mit dem „fight or flight“ Reflex.

Das bedeutet: Der Puls erhöht sich, Zuckertreibstoff schießt in Gehirn und Muskeln und die Atmung wird flach und schnell. Dies alles unterliegt nicht unserer Kontrolle, wenn wir uns in einem Ausnahmezustand befinden – und ist sehr nützlich bei existenzieller Gefahr. Aber in unserem Alltag lauert nicht hinter jeder Ecke der Säbelzahntiger wie bei den frühen Menschen – bei uns ist es der Alltagsstress, der Ärger oder auch die fehlende Ruhe, die uns in dieser permanenten Anspannung, Alarmbereitschaft halten.

Aus diesem Grund wird achtsames (auf sich selbst und nur auf den Atem konzentriertes) Atmen empfohlen, Yoga, Laufen oder auch Singen. Dies alles hilft beim Abbau von angestautem Cortisol (Stress-Hormon) und führt mittelfristig zu einem freudvolleren und vor allem auch zu einem gesünderen Leben.