Die Chinesische Medizin betrachtet den Mensch als eine Einheit von Geist und Körper. Dabei spielt der so genannte Shen mit seinem Sitz im Herzen eine große Rolle.
Mit Shen wird eine Instanz beschrieben, mit der im Wesentlichen die Gesamtheit der psychischen Funktionen, wie wir sie im westlichen Verständnis in der Psychiatrie und Psychotherapie klassifizieren, in Einklang zu bringen ist. Shen umreißt, was unsere individuelle, psychisch-mentale und körperliche Präsenz ausmacht: ein wacher Geist, der Glanz in den Augen, eine aufrechte Haltung, sowie deutliche und kräftige Stimme. Der Shen umfasst unser Bewusstsein, sowohl am Tag als auch während der Nacht.
Der Shen entwickelt sich durch das Genmaterial und die vorgeburtlichen Ereignisse (in der Chinesischen Medizin gelten diese als „Jing“), und der nachgeburtlichen Essenz – also allem, was wir zu uns nehmen; angefangen vom Atmen über die Ernährung bis hin zu dem alltäglichem Stress. Durch vorgeburtliche Traumata, Erbkrankheiten, Drogen- oder Alkoholmissbrauch wird bereits das Jing des Embryos belastet und beschädigt.
Später sind wir dann selbst für unseren Körper verantwortlich. Schlechte Nahrungsmittel, zu wenig Schlaf und alle Einflüsse von Geburt an – alles, was dem Kind widerfahren ist, wird sich im Shen zeigen. Sind die Augen trüb, der Gesichtsausdruck abwesend, die Gedanken zerrissen, oder fängt ein Kind an zu stottern, kann man von einer Shen-Störung ausgehen.
Viele Menschen versuchen Klarheit im Geist durch eine Psychotherapie zu erreichen, weil sie erkennen, dass sie in alten Erfahrungen und Handlungsmustern verstrickt sind, und sie immer wieder auf die gleichen Schwierigkeiten stoßen.
Angst etwa schädigt in den Augen der Chinesischen Medizin die Kraft der Niere (jeder kennt den Spruch: „sich vor Angst in die Hose machen“). Die Niere ist der Sitz der Essenz und der Körperenergie; sie hilft dem Herzen nicht zu überhitzen. Wird sie durch Traumata geschädigt oder das Zusammenspiel von Niere und Herz gestört, können Phobien, Panikattacken, Herzrasen und Schlafstörungen entstehen.
Durch die Akupunktur bekommt die Niere die Kraft das Herz zu halten, etwaiges Herzklopfen geht zurück, die Angst vor der Angst kann gemindert werden, bis sie zum Teil komplett verschwunden ist. Das Herz (also der Shen) ist befreit und kann wieder Freude und Glück empfinden.
Nach meiner Erfahrung ist es mit Hilfe der Akupunktur möglich, den Shen zu beruhigen und zu befreien – was meistens mit einer gleichzeitigen Behandlung der Niere einhergeht. Was heißt das für den Patienten? Die Akupunktur kann die Psyche positiv beeinflussen, das heißt: Der Patient kann in seinem Handeln, Denken und Verhalten stabiler werden und Angst und Depressionen können zurückgehen. Es ist möglich, dem Patienten eine neue Sicht auf sein Leben zu geben. Was wir in Kindheit und Jugend erlebt haben, wirkt sich auf unseren Körper aus. Nicht selten wissen wir kaum noch etwas davon, leiden aber unter Schlafstörungen, Albträumen oder fürchten uns etwa in engen Räumen… dies alles schränkt uns in unserem täglichen Leben enorm ein.
Oft zeigt sich nach einigen Behandlungen bereits eine Verbesserung und die Symptome nehmen ab. Der Spaß am Leben und an der Gesellschaft kehrt zurück, der Patient lernt langsam, sich von seinen Ängsten nicht mehr beherrschen zu lassen.